Wie sich KIM-Verordnung ausgewirkt hat und welche Spuren sie hinterlassen hat, erklärt Yves Suter, Geschäftsführer von Hartl Haus und Vizepräsident des Fertighausverbands Österreich, in einem Gastkommentar.
Über 900 Tage hat die KIM-Verordnung Österreichs Banken bei der Vergabe von Immobilienkrediten ein Korsett angelegt. Die Konsequenz: Für viele Menschen wurde der Erwerb einer Immobilie unerschwinglich. Dabei war die Intention grundsätzlich keine schlechte: Die KIM-Verordnung war eine Reaktion auf den überhitzten Immobilienmarkt. Allerdings war die Politik hier schlichtweg zu spät dran. Die Nachfrage nach Immobilienkrediten war bereits zum Startzeitpunkt der Verordnung rückläufig und die Zinsentwicklungen haben diese fast sofort nach Einführung überflüssig gemacht. Jetzt hat die Bau- und Immobilienbranche ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk erhalten, denn in einem halben Jahr dürfte die KIM-Verordnung auslaufen.
Häuslbauer als Leidtragende
Besonders stark getroffen hat die KIM-Verordnung die Häuslbauer. Dies hat wiederum die Möglichkeiten vieler Österreicher beeinflusst, in die Zukunft und die eigene Vorsorge zu investieren. Dabei gibt es nahezu nie Ausfälle bei privatem Eigentum, weil sich normale Menschen mit Hausverstand nicht verzocken. Doch die Sorge um überbewertete Gewerbeimmobilien in Zeiten von Home Office war offenbar größer.
Dabei kann ein eigenes Heim so viel mehr, als ein Dach über den Kopf geben: Eigentum ist nicht nur ein Meilenstein in der Lebensplanung, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil der Altersvorsorge. Besonders den Mittelstand unterstützt es beim Vermögensaufbau. Aber ohne entsprechende politische und finanzielle Rahmenbedingungen ist der Zugang zu Eigentum für eine breite Bevölkerungsschicht nicht leicht – und unter den Bedingungen der letzten Jahre oftmals gar nicht erreichbar.
Wir sehen die Auswirkungen bereits jetzt glasklar: Die Entwicklung bei den Arbeitslosenzahlen, der Anstieg der Mieten oder Ausfälle beim Staatshaushalt durch reduzierte Bautätigkeit, geringere Steuereinnahmen und weniger Wirtschaftswachstum. Baunebengewerbe und Einzelhandel bekamen die Folgen ebenfalls zu spüren. Die langfristigen Effekte hängen davon ab, wie sehr und wie rasch der Wohnungsbau und die Immobilienfinanzierung nach dem Auslaufen der Regelung wieder an Dynamik gewinnen.
Der gesamtwirtschaftliche Schaden kann zum jetzigen Zeitpunkt aber sicher noch nicht bemessen werden. Bleibt nur zu hoffen, dass sich nicht allzu viele Familien ganz vom Traum vom Eigenheim verabschiedet haben. Das würde die ohnehin niedrige Eigentumsquote in Österreich von nur 48 Prozent weiter sinken lassen. Aber genau wissen wir das erst in ein paar Jahren.
Zukunftsperspektiven und Neujahrsvorsätze
Jetzt geht es darum, aus dem Vergangenen zu lernen. Ja, die Branche und das Kundenverhalten haben sich verändert: Effizientere Planungs- und Bauprozesse sind das Ergebnis von Digitalisierung und datengestützem Arbeiten. Der Bedarf an präzisen Finanzplanungen und Risikobewertungen – besonders mit zunehmenden Extremwetterereignissen – ist gestiegen. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind wichtiger geworden als die verfügbaren Quadratmeter. Ich bin zuversichtlich, dass all das auch den Innovationsgeist der Branche beleben wird.
Müssen wir in naher Zukunft mit einer KIM-Verordnung 2.0 rechnen? Ich denke nicht. Sollte es wieder Regulierungen brauchen, müssen diese in Zukunft dynamisch gestaltet sein und flexibel auf Marktentwicklungen reagieren können. Und: Politik und Aufsichtsbehörden müssen eine Balance finden, um Stabilität zu gewährleisten – ohne das Wachstum der Bauwirtschaft und die Erschwinglichkeit von Wohnraum zu gefährden.